
Aufführungen / Theater
Staatstheater Kassel Schauspielhaus
Kassel, Friedrichsplatz 15
- Morgen: Stück aus Holz
- Liliom
- TANZ_Mittwoch
- Lets talk about Trance
- Great Balls of Fire! - Die Jerry Lee Lewis Story
- Faust Gretchen
- vor die hunde
- Leselust mit dem JUST⁺
- Don Karlos
- Wall/Flower
- Jugend ohne Gott
- Neuinszenierungen in den Sparten Musiktheater, Schauspiel, Tanztheater, Kinder- und Jugendtheater

Aufführungen
| Musiktheater

Aufführungen
| Oper
Opernhaus
Das Staatstheater Kassel - Ein Theater mit Tradition Das Staatstheater Kassel versteht sich mit seinen rund 500 festen Mitarbeitern als ein moderner Theaterbetrieb, der sich gleichermaßen der Tradition wie der Moderne verpflichtet fühlt. 30 Neuinszenierungen in den Sparten Musiktheater, Schauspiel, Tanztheater, Kinder- und Jugendtheater, dazu die Sinfonie-, Sonntags-, Kammer-, Familien-, Schüler- und Sonderkonzerte bilden Jahr für Jahr das große Angebot. Darüber hinaus sorgt ein umfangreiches theater- und konzertpädagogisches Programm für die Vermittlung an Kinder und Jugendliche.
Aufführungen
| Schauspiel
vor die hunde
Schauspielhaus
Hans Staden, ein nordhessischer Landsknecht, reist vor 500 Jahren an die Küste Brasiliens und schreibt das erste deutschsprachige Buch über Südamerika: eine aus heutiger Sicht reißerische Schilderung von Begegnungen mit der indigenen Bevölkerung, die das europäische Bild von Brasilien maßgeblich geprägt hat. In seiner Heimat fast vergessen, ist er in Brasilien bis heute eine bekannte Figur. Die aus Kassel stammende Autorin Nora Mansmann macht diese historische Gestalt zum Ausgangspunkt einer vielschichtigen Erzählung über Kolonialismus, Rassismus und die Verflechtung europäischer und südamerikanischer Geschichte – von damals bis heute. Im Zentrum des Auftragswerks für das Staatstheater Kassel steht nicht nur Hans Staden, sondern vor allem ein deutsch-brasilianisches Paar. Ihre Liebesgeschichte beginnt voller Euphorie, doch bald brechen Konflikte auf, die tiefer verwurzelt sind, als sie scheinen. Die Trennungslinien, die zwischen ehemaligen Kolonialmächten und ihren Kolonien verlaufen, spiegeln sich in ihren unterschiedlichen Perspektiven auf die Welt wider. Diese Reise nach Brasilien wird zur Konfrontation mit Geistern der Vergangenheit und der Gegenwart: Stimmen aus der Kolonialgeschichte mischen sich ein, sprechende Hunde und Geister widersprechen einander. vor die hunde (UA) ist eine poetisch-assoziative Textpartitur, die historische Kontinuitätslinien und aktuelle Verbindungen zwischen deutschen Reichsbürgern und brasilianischen Neonazis nachzeichnet. Die drohende Apokalypse, die als ständige Krise in den Lebensrealitäten der Figuren spürbar wird, verleiht der Geschichte eine drängende Intensität. Findet das Paar einen gemeinsamen Ausweg? Und was hat es mit all diesen Hunden auf sich? vor die hunde (UA) ist die erste Arbeit für das Staatstheater Kassel der Autorin und Theatermacherin Nora Mansmann. Andere Arbeiten waren bereits zu sehen am Theater Osnabrück, am Maxim Gorki Theater Berlin und am Düsseldorfer Schauspielhaus. Nach Die Troerinnen: 2nd Season (UA) und Milch & Schuld (UA) kehrt Regisseurin Sarah Franke zurück ans Staatstheater Kassel. Regie und Video: Sarah Franke Choreographie: Gili Goverman Autorin: Nora Mannsmann Kostüme: Isabell Heinke Bühne: Ann-Christine Müller Musik (auch Live): Felix Thewanger Dramaturgie: Patricia Nickel-Dönicke
Aufführungen
| Schauspiel
Stück aus Holz
Schauspielhaus
Ein Besuch im Forstamt, vielleicht in Hessen, dem Bundesland mit eigenem Urwald: Ein Sturm hat im Wald gewütet und die sowieso über Jahrzehnte ausgebeutete Forstanlage noch weiter beschädigt. Doch auch von Menschen abgeladener Müll, die hohe Waldbrandgefahr und der Borkenkäfer machen den Förster:innen in diesem Holzstück zu schaffen. Zu allem Überfluss sind durch die Aufräumarbeiten auch noch die geregelten Arbeitszeiten im Forstamt in Gefahr. Die Bedrohungslage ist ernst in Felicia Zellers neuestem Stück, in dieser waldigen Komödie voller hölzerner Sätze. Konfrontiert mit einer sich rasant verändernden Welt, in der Holz und Profit nah beieinander liegen, werden die Förster:innen und ihr Revierleiter vor die Frage gestellt, ob „Wald“ sich wirklich immer lohnen muss oder ob nicht doch das Nichtstun die Antwort sein könnte. Vielleicht kann die neu ernannte „Försterin für Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ die Probleme beseitigen? Oder doch die Podcasterin Noa, die das Geschehen dokumentiert, einen Blick von außen behält und sogar den Borkenkäfer interviewt? In Stück aus Holz (UA), einem Auftragswerk für das Staatstheater Kassel, stehen Baumreihen neben Satzreihen, finden sich Kahlflächen und verlieren sich abgesägte Sätze im Wald. Die Autorin Felicia Zeller, bekannt für ihren scharfen Blick und bitterbösen Humor, schreibt Theatertexte und Prosa. Ihre Stücke wurden mehrfach zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen. Stück aus Holz (UA) ist ihre erste Arbeit für das Staatstheater Kassel, jedoch nicht ihre erste Zusammenarbeit mit der Regisseurin Marie Bues. Das Stück aus Holz wird der fünfte Text von Felicia Zeller sein, der in der Regie von Marie Bues auf die Bühne kommt. Bues ist bekannt für ihre experimentellen zeitgenössischen Theaterpraktiken und ihre enge Zusammenarbeit mit Autor:innen der Gegenwartsdramatik. Seit der Spielzeit 23/24 ist sie Mitglied des Leitungsteams am Schauspielhaus Wien. Regie: Marie Bues Choreographie: Mason Manning Bühne und Kostüme: Indra Nauck Sounddesign: Lila-Zoé Krauß Licht: Oskar Bosman Dramaturgie: Ulf Frötzschner
Aufführungen
| Film
Opernkino Don Giovanni
Schauspielhaus
Mozart und Da Ponte zeigen Don Giovanni am Punkt seines Scheiterns: aus dem Jäger wird ein Gejagter, eine faust’sche Figur, zerrissen zwischen dionysischem Lustprinzip und anarchischem Weltschmerz. Paul-Georg Dittrichs gefeierte Inszenierung aus der Spielzeit 2023/24 kehrt als Filmvorstellung zurück ans Staatstheater Kassel. Die Erfolgsproduktion gibt es einmalig im TiF als Opernkino zu erleben. Nicht verpassen: Popcorn- und Opernabendgenuss an einem Abend! Neben Così fan tutte im Schauspielhaus und Le nozze di Figaro als Sängerfest auf der Opernbühne vervollständigt unser Opernkino diesen Herbst den Kassler Da-Ponte-Zyklus.
Aufführungen
| Schauspiel
Great Balls of Fire! - Die Jerry Lee Lewis Story
Schauspielhaus
Die lodernden Geschichten von Sünde und Erlösung kommen aus Radio und Bibel: sie schlagen Funken in gebietender Predigt und lockendem Pop. Ein verlorener Sohn, Jerry Lee Lewis, stürmt aus der tiefsten Provinz ins nationale Rampenlicht, heiratet heimlich seine 13-jährige Cousine, die nur eine seiner insgesamt sieben Frauen sein wird, und wird verdammt. Jahre später beobachtet ein Nachtwächter von Graceland – dem Anwesen von Elvis Presley –, wie sich ein 76er Lincoln Continental schnarrend durch den Kies der Zufahrt gräbt und nach einer letzten Beschleunigung das Tor rammt. Der Fahrer ruft mit einer Stimme ebenso schallenden Chroms: „I want to see Elvis! Just tell him, the killer’s here.“ Justin Hibbeler spielt, singt und erzählt die Story von Jerry Lee Lewis, die auch die Geschichte des Rock ’n’ Roll selbst ist und davon, wie Lewis schwarze und weiße Musik zusammengebracht hat. Entlang der hämmernden und schmachtenden Songs geht dieser Abend auf eine Reise durch trübe Swimmingpools, schwitzige Tanzsäle und die britische Klatschpresse. Das Ende ist nah, die Hölle heiß. Great Balls of Fire! – Die Jerry Lee Lewis Story , von unserem neuen Ensemblemitglied Justin Hibbeler, ist eine Übernahme des Landestheater Tübingen. Dort hatte es 2023 Premiere. Wir haben die Produktion nun nach Kassel geholt, wo sie wechselnd im Theaterstübchen und im TiF zu sehen sein wird. Regie: Justin Hibbeler Regiemitarbeit: Olivia Müller-Elmau Bühne und Kostüme: Sibylle Pfeiffer Dramaturgie: Carlotta Huys
Aufführungen
| Schauspiel
Don Karlos
Schauspielhaus
Don Karlos ist nicht nur ein politisches Ideenstück über Despotismus, Komplott oder eine todbringende Liebesgeschichte, sondern am Ende primär das Dilemma eines Idealisten. Don Karlos’ Drama ist, dass er seine Stiefmutter Elisabeth liebt, die einst seine Verlobte war und nun aber die Frau seines Vaters ist. Das Drama seines Vaters Philipp ist, dass er in seiner politischen Macht gänzlich allein ist. Denn die, die ihn lieben, könnten ihn betrügen und die, die ihn beraten, könnten ihn verraten – eine Befürchtung, die er auch mit anderen Figuren gemein hat. Posas Drama ist es, dass er kein Diener der Macht sein kann, denn er vertritt die Idee von Freiheit und Gleichheit. Die inszenierte Intrige um die Macht beginnt. Schillers dramatisches Gedicht über Menschen, die in starren Machtkonstrukten gefangen sind, wurde 1787 in Hamburg uraufgeführt – zwei Jahre vor dem großen gesellschaftlichen Umbruch, der Französischen Revolution. Die im Text eingeschriebene Machtkritik zeigt jene Gefahren, die entstehen, wenn aus Idealen reine Ideologie wird. Posas Ausruf: „Geben Sie Gedankenfreiheit“ klingt für ewig mahnend nach. Regisseurin Julia Hölscher befragt Don Karlos aus heutiger Perspektive. Wie blicken wir auf Schillers idealistische Tragödie mit starren Machtkonstrukten? Warum denken mehr und mehr Menschen in der sogenannten freien Welt, dass ein Leben unter autoritärer Herrschaft verlockend wäre? Don Karlos kann eine Mahung sein, was starke Restriktionen für eine Gesellschaft bedeuten kann und wirbt dafür, für den Erhalt der Demokratie zu kämpfen und dies immer weiter. Hölschers Arbeit, getragen von Ensemblespiel und poetischer Verdichtung, zeichnet sich durch große Musikalität aus. Sie war Hausregisseurin am Staatsschauspiel Dresden, am Residenztheater München und am Theater Basel. Don Karlos ist ihre erste Regiearbeit für das Staatstheater Kassel. Ein dramatisches Gedicht von Friedrich Schiller Regie: Julia Hölscher Bühne: Paul Zoller Kostüme: Sofia Staal Sounddesign: Tobias Vethake Licht: Oskar Bosman Dramaturgie: Alexander Olbrich Künstlerische Mitarbeit: Simon Hastreiter
Aufführungen
| Schauspiel
Jugend ohne Gott
Schauspielhaus
Der Roman Jugend ohne Gott von 1937 machte den österreichisch-ungarischen Dramatiker Ödön von Horváth international in unruhigen Vorkriegszeiten und einer wirtschaftlich unsicheren Welt schlagartig berühmt. Im faschistischen Deutschland war der Roman verboten. Ein Lehrer wird beim Lesen einer Klassenarbeit mit Menschenverachtung und Rassismus konfrontiert. Die Jugend, die eigentlich unverbrauchte Hoffnung und moralischer Grundimpuls sein sollte, hat verinnerlicht, was das Umfeld vorlebt. Dann stirbt ein Schüler und auch im Zeltlager gibt es einen Mordfall. Wer ist der/die Mörder:in? War es ein:e Klassenkamerad:in, Bandenführerin Eva oder doch der ominöse Fremde? Horváth zeigt nicht nur eine verrohte und radikalisierte Jugend, die die Ideen des Nationalsozialismus verinnerlicht hat, sondern auch einen gnadenlosen Lehrer, der sich nach den Geschehnissen im Zeltlager zunehmend selbst verleugnen muss, um seine Rente zu sichern. Es wird eine Spirale von Gewalt in Gang gesetzt. Regisseur Tobias Schilling hat in Kassel zuletzt die Uraufführung Gelbes Gold inszeniert. Nun bearbeitet er Horváths sozialkritischen Roman. Mit Jugend ohne Gott nimmt Schilling die Thematik der Radikalisierung von Jugendlichen in den Fokus und geht der Frage nach, worauf sich heute das Werteverständnis junger Menschen gründet und worin seine Quellen liegen. Mit seinem Team befragt er auf Basis einer dokumentarischen Recherche in Kassel, die Träume, Erwartungen, Glaubensbekenntnisse, Realitätswahrnehmungen, Feindbilder sowie die große Verantwortung von Erziehung und Bildung der jungen Generation mit all ihren Widersprüchlichkeiten und Herausforderungen. Jugend ohne Gott verhandelt all das aus der Perspektive eines Lehrers, der nicht weiß, wo er anfangen soll: „Daß diese Jugendlichen alles ablehnen, was mir heilig ist, wär zwar noch nicht so schlimm. Schlimmer ist schon, wie sie es ablehnen, nämlich: ohne es zu kennen. Aber das Schlimmste ist, daß sie es überhaupt nicht kennenlernen wollen!“ Regie und Fassung: Tobias Schilling Bühne und Kostüme: Simone Wildt Musikalische Leitung: Clemens Dönicke, Felix Thewanger Sounddesign: Felix Thewanger Licht: Oliver Freese Dramaturgie: Alexander Olbrich
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| Schauspiel
Liliom
Schauspielhaus
Liliom ist Ausrufer auf einem Rummel und bandelt dort mit Julie an. Das sieht Frau Muskat nicht gerne. Sie möchte, dass er dem Dienstmädchen den Rücken kehrt. Aber Anweisungen befolgen mag Liliom nicht, deshalb lässt er sich lieber herausschmeißen und brennt mit Julie durch. Das anfängliche Feuer erlischt jedoch schnell: Liliom bleibt arbeits- und antriebslos, trinkt und schlägt Julie. Ihre Freundin und ihre Tante versuchen Julie zu überzeugen, das Weite zu suchen, doch sie bleibt. Als sie schwanger wird, merkt Liliom, dass sich etwas ändern muss. Er lässt sich auf einen Raubüberfall ein, der gewaltig schiefgeht. Er begeht Suizid, anstatt sich mit den Konsequenzen seines Handelns auseinanderzusetzen. Im himmlischen Gericht legt er die Gründe für seine Gewalttätigkeit dar: „Weil sie recht gehabt hat, hab’ ich nichts zu antworten gewusst, da ist mir halt die Wut aufgestiegen“. Nach 16 Jahren Buße im Fegefeuer darf Liliom kurz zurück auf die Erde, um bei seiner Tochter etwas gut zu machen. Schafft er es, für seine Überforderung einen anderen Kanal als nur die rohe Gewalt zu finden und seiner Tochter fürsorglich zu begegnen? 1909 uraufgeführt, ist Liliom das berühmteste Stück des ungarischen Dramatikers. Molnár zeichnet Figuren, die Unrecht sehen können, es auch benennen und es dann trotzdem durchgehen lassen. Liliom ist bei weitem kein moralisches Lehrstück, sondern vielmehr eine Charakterstudie mit komplexen Beziehungsgeflechten und Abhängigkeiten. Genau das interessiert auch Regisseurin Julia Prechsl an dem Stoff: die Not und Unzufriedenheit, die entstehen, wenn Geld und Aufgaben fehlen. Die Sturheit und die Unmöglichkeit der Figuren, Gefühle zu kommunizieren und zuzugeben – sogar über den Tod hinaus: Themen, die zeitlos ihre Relevanz behalten. Prechsl inszeniert mit großer Genauigkeit in ihrer Figurenzeichnung und einer spielerischen Vielfalt an Bildern. Liliom ist Julia Prechsls erste Arbeit am Staatstheater Kassel. Inszenierung: Julia Prechsl Bühne: Valentin Baumeister Kostüme: Luisa Wandschneider Musik: Fiete Wachholtz Licht: Brigitta Hüttmann Dramaturgie: Carlotta Huys
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| Schauspiel
Faust Gretchen
Schauspielhaus
„Meine Ruh ist hin“ – einer der Sätze, die bleiben, wenn man sich den Zitatenschatz aus Goethes Faust vergegenwärtigt. Ein Zitat, das das Dilemma Margaretes, genannt Gretchen, widerspiegelt. Der wohlsituierte Gelehrte Dr. Heinrich Faust hingegen ist in der Sinnkrise, verjüngt durch den Bund mit Mephisto drängt es ihn immer weiter zu weltbewegenden Abenteuern und ganz nebenbei zieht ihn das „Ewig Weibliche“ an. Heinrich ist hin- und hergerissen und sucht den Lärm der Welt. Und Gretchen? Goethe hat den realen Fall der Kindsmörderin Susanna Margaretha Brandt (1771) in Frankfurt verfolgt, parallel entstand sein Urfaust , der die althergebrachte Faust-Geschichte nunmehr um die Gretchentragödie ergänzt. Angesiedelt zwischen sozialer Situation und tragischer Liebesgeschichte erzählt sie das reale, fatale und ausweglose Schicksal einer jungen Frau jener Zeit. Nicht nur Faust und sein Begehren, sondern die gewaltigen Umstände der Zeit bringen Gretchen zu Fall. Frauen wie Gretchen waren meist unausgebildet, unwissend, abhängig und bedroht von Armut und Elend. Welche Spuren hinterlässt Fausts Vorwärtsdrängen im Leben Gretchens, die in bürgerlichen, aber doch ärmlichen Verhältnissen lebt? Welche Chance hatte sie im Leben und wäre ein sozialer Aufstieg überhaupt möglich gewesen? Eine junge Frau zwischen Begehren, Selbstbehauptung und sozialem Zwang auf der einen Seite und Bürger:innen auf der anderen Seite, die Gretchens Geschichte zu kennen glauben und sie aus ihrer Perspektive nacherzählen. Für Ihre Rolle als Gretchen war Emilia Reichenbach 2022 für den Gustav Rühle Preis nominiert. „Es ist Zeit, dass wir uns auf den Weg machen Gretchen 2021 ihre Würde zurückzugeben“, so Bert Zander, Regisseur und Videokünstler. Seine bisherigen Arbeiten an der Schnittstelle zwischen Videokunst und Theater waren u. a. an der Volksbühne Berlin, am Thalia Theater Hamburg und am Burgtheater Wien zu sehen. 2020 realisierte er für 3sat / ZDF Camus’ Die Pest als theatrale Miniserie. Eine Kooperation mit der Fördergesellschaft Staatstheater Kassel e. V. Regie: Bert Zander Bühne & Kostüme: Lene Schwind Schnitt: Fabián Barba Hallal Dramaturgie: Katja Prussas Mitarbeit Regie: Natascha Zander Regieassistenz: Lina Gasenzer Theaterpädagogische Vermittlung: Sabine Koller, Elisabeth Müller
Aufführungen
| Tanz
Lets talk about Trance
Schauspielhaus
In der Saison 2024/25 setzt TANZ_KASSEL die TANZREIHE IM TIF mit SEASON 4 fort. In Let’s Talk About Trance setzen sich die Tänzer:innen von TANZ_KASSEL mit Punk, Trance und Ritual auseinander – Eine choreografisch-tänzerische Überwindung von Konventionen in der Engführung von Eros und Thanatos. In Transmuted Symphony wird der performative Körper zu einem Gefäß, das eine Brücke zwischen dem Ätherischen und dem Körperlichen schlägt – auch eine Brücke zwischen Leben und Tod, zwischen Diesseits und Jenseits. Die Choreografin Andrea Peña entwickelt zusammen mit den Tänzer:innen von TANZ_KASSEL eine immersive Bewegungserzählung, ein Narrativ, das eine tiefgehende Analyse von Ritual und Trance aufzeigt, welches sich durch unterschiedliche Kulturen zieht, in der ihr eigenen, sehr körperlichen und hoch athletischen choreografischen Handschrift. Andrea Peña benennt den Prozess der Kreation als „Punk as the new sublime“ und stellt konventionelle Ästhetik in Frage, indem sie rebellische Energie in die Choreografie einfließen lässt und das universelle Thema der Wiedergeburt aufgreift – eine vielleicht notwendige Entwicklung in unserer kulturellen Landschaft und auch in der Welt des Tanzes. Der Tanz wird zu einer Leinwand, auf der sich das Alte auflöst und Platz für das Entstehen zukunftsweisender Realitäten schafft. Die rohe und zeitgleich energetisch archaische Kraft des „Punk“, durchbricht etablierte Normen und Konventionen und erschafft ein kreatives Chaos. „Widerstand, dargestellt durch die Körper der Performer:innen, wird zu einer Sprache der kollektiven Anmut – eine starke Kraft, die vereint und ermächtigt. Der Tanz entfaltet sich als eine Reihe von Poetries of Insistence, in denen jede Bewegung einen Vers darstellt, der die Dringlichkeit der Behauptung individueller und kollektiver Identitäten zum Ausdruck bringt. Lebendige Fresken subkultureller Realitäten beleben die Bühne und stellen eine zeitgenössische Landschaft verschiedener Gesellschaften dar. Die Formensprache traditionellen Tanzes und vor allem des Balletts, werden von mir in Frage gestellt, indem ich Geschlechternormen aufbreche und fließende Ausdrucksformen von Identität und Liebe zeige.“ Andrea Peña Choreografie: Andrea Peña Bühne und Kostüme: Sibylle Pfeiffer Sounddesign: Coppélia LaRoche-Francoeur Licht: Stefanie Dühr Dramaturgie: Thorsten Teubl, Lars Gunnar Anderstam
Aufführungen
| Musiktheater
Così fan tutte
Schauspielhaus
Libretto von Lorenzo Da Ponte Verliebt, verlobt, verheiratet, geschieden – zwischen Neokonservatismus und offenen Beziehungskonzepten scheint heutzutage jede Lebens- und Liebesentscheidung möglich. Nicht so für Mozarts Figuren als Kinder ihrer Zeit, deren Treue in einer obskuren Wette auf die Probe gestellt wird: Alfonso testet die Beziehungen seiner Freunde Ferrando und Guglielmo, denn er glaubt nicht an die Treue der beiden Partnerinnen Fiordiligi und Dorabella. Ferrando und Guglielmo nehmen die Wette an und die emotionale Achterbahnfahrt beginnt. Die beiden Frauen können es kaum erwarten, ihre Verlobten wiederzusehen, doch Alfonso macht ihnen einen Strich durch die Rechnung. Er täuscht eine Kriegseinberufung der beiden Männer vor und so nimmt das Spiel um Moral, Versuchung, Eifersucht, Leidenschaft und Verlust seinen Lauf. Zwischen Commedia dell’arte, Opera buffa und großen aufklärerischen Fragen bewegt sich dieses Ensemblestück und vergisst dabei nie die (Selbst-)Ironie. Wie auch in ihren beiden vorherigen Zusammenarbeiten spürt das kongeniale Duo Mozart und Da Ponte den inneren Paradoxien ihrer Protagonist:innen nach und lässt ihr Publikum zweifeln: Was ist Spiel, was ist Ernst? Dieses Kammerspiel als Schule der Liebenden , so der Untertitel, wird auf der Bühne des Schauspielhauses von Vivien Hohnholz inszeniert, die sich erstmals als Regisseurin am Staatstheater Kassel vorstellt, unter der musikalischen Leitung von Kiril Stankow. Musikalische Leitung: Kiril Stankow Regie: Vivien Hohnholz Bühne: Pia Dederichs Kostüme: Coline Meret Lola Jud Licht: Brigitta Hüttmann Dramaturgie: Teresa Martin Chorleitung: Marco Zeiser Celesti
Aufführungen
| Oper
Così fan tutte
Opernhaus
Verliebt, verlobt, verheiratet, geschieden – zwischen Neokonservatismus und offenen Beziehungskonzepten scheint heutzutage jede Lebens- und Liebesentscheidung möglich. Nicht so für Mozarts Figuren als Kinder ihrer Zeit, deren Treue in einer obskuren Wette auf die Probe gestellt wird: Alfonso testet die Beziehungen seiner Freunde Ferrando und Guglielmo, denn er glaubt nicht an die Treue der beiden Partnerinnen Fiordiligi und Dorabella. Ferrando und Guglielmo nehmen die Wette an und die emotionale Achterbahnfahrt beginnt. Die beiden Frauen können es kaum erwarten, ihre Verlobten wiederzusehen, doch Alfonso macht ihnen einen Strich durch die Rechnung. Er täuscht eine Kriegseinberufung der beiden Männer vor und so nimmt das Spiel um Moral, Versuchung, Eifersucht, Leidenschaft und Verlust seinen Lauf. Zwischen Commedia dell’arte, Opera buffa und großen aufklärerischen Fragen bewegt sich dieses Ensemblestück und vergisst dabei nie die (Selbst-)Ironie. Wie auch in ihren beiden vorherigen Zusammenarbeiten spürt das kongeniale Duo Mozart und Da Ponte den inneren Paradoxien ihrer Protagonist:innen nach und lässt ihr Publikum zweifeln: Was ist Spiel, was ist Ernst? Dieses Kammerspiel als Schule der Liebenden, so der Untertitel, wird auf der Bühne des Schauspielhauses von Vivien Hohnholz inszeniert, die sich erstmals als Regisseurin am Staatstheater Kassel vorstellt, unter der musikalischen Leitung von Kiril Stankow. Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Libretto von Lorenzo Da Ponte Musikalische Leitung: Kiril Stankow Regie: Vivien Hohnholz Bühne: Pia Dederichs Kostüme: Coline Meret Lola Jud Licht: Brigitta Hüttmann Dramaturgie: Teresa Martin Chorleitung: Marco Zeiser Celesti
Aufführungen
| Musiktheater
Le nozze di Figaro
Opernhaus
Bevor in das neu errichtete INTERIM aufgebrochen wird, gilt es für einen letzten Polterabend im Opernhaus die Hochzeit des Figaro zu feiern: Der Titelheld und Susanna werden heiraten, doch Graf Almaviva, für den beide arbeiten, möchte die Braut am liebsten für sich. Dazu eine eifersüchtige Haushälterin mit rachsüchtigem Arzt, eine widerspenstige Gräfin, die der Seitensprünge ihres Mannes überdrüssig ist, ein pubertärer Page und das Chaos ist komplett. Die grotesk-verworrenen Konflikte um höfische Hochzeitscrasher und dreiste Verkleidungsspielchen ist der Durchbruch des kongenialen Autorenduos Mozart und Da Ponte. Der Stoff, der skandalträchtig die Arroganz des Adels und den Triumph der Bediensteten besingt, wurde nicht nur wegen seiner vielen erotischen Anzüglichkeiten ein umso größerer Publikumsliebling und zeitloser Klassiker. Die turbulente Komödie lebt von einer autonomen Musik, die nicht mehr nur Handlung illustriert, sondern ihre Figuren virtuos im doppelbödigen Spiel zwischen Mit- und Gegeneinander inszeniert. Nach dem innovativen Don Giovanni in der Raumbühne ANTIPOLIS und Così fan tutte als kurzweiligem Kammerspiel im Schauspielhaus, komplettiert Le nozze di Figaro den Mozart-Da-Ponte-Dreischritt mit Fokus auf die meisterhafte Komposition. Kassels neuer Generalmusikdirektor Ainārs Rubiķis stellt sich dem Opernpublikum mit einem mitreißenden Orchester- und Ensemblefest vor, bei dem nicht nur Liebhaber:innen der Klassischen Musik voll auf ihre Kosten kommen. Sinnlich wie humorvoll werden die vielen Handlungswendungen in der Szenischen Einrichtung von Marlene Pawlak geboten, um dem Opernhaus einen erstklassigen Ausklang zu erlauben. Musikalische Leitung: Ainārs Rubiķis Szenische Einrichtung: Marlene Pawlak Kostüme: Lara Belén Jackel Dramaturgie: Teresa Martin
Aufführungen
| Tanz
SEASON 5: Let’s Talk About Blossom & Decay
Opernhaus
Premiere: 3.10.2025 „Tanz ist die Mathematik der Bewegung zur Musik.“ (Robozee) Mit Blossom & Decay widmet sich Robozee einem der grundlegendsten und doch tiefgründigsten Zyklen des Lebens – dem stetigen Wechsel von Wachstum und Verfall. Blossom & Decay zeigt den fragilen Kampf zwischen Individuum und Gemeinschaft, zwischen Kontrolle und Hingabe. Es thematisiert die paradoxe Schönheit des Lebens, die sich im Angesicht von Zerstörung und Verfall immer wieder neu entfaltet, nur um erneut in den Abgrund zu stürzen. Robozee lässt in Blossom & Decay die pulsierenden Rhythmen des urbanen Tanzes auf das Spielzeitthema von TANZ_KASSEL stoßen, das japanische Konzept des Kaika (Ë“ü£). In einer Welt, die von Chaos, Zerstörung und sozialer Unruhe geprägt ist, wird der Moment der Blüte zu einem Symbol für die paradoxe Schönheit, die aus Dunkelheit und Vernichtung hervorgeht, um schließlich wieder in die Zerstörung zu führen. Der Sound von Randomhype, alias Christian Düchtel, in Blossom & Decay ist mehr als nur ein klanglicher Hintergrund: Er wird zum Nährboden, auf dem sich der Tanz entfaltet. Elektronische, urbane und pulsierende Klänge verstärken den Zyklus von Wachstum und Verfall und machen ihn erlebbar. Diese musikalische Basis beeinflusst den Tanz und wird gleichzeitig von ihm geprägt, ähnlich wie die Umwelt das individuelle und kollektive Leben beeinflusst. „Blossom & Decay lädt ein, die Vergänglichkeit des Lebens zu erkennen und zugleich den flüchtigen Moment von Schönheit und Aufblühen zu würdigen. Ich fordere das Publikum heraus, sich der Zerbrechlichkeit des Seins und der dualen Natur von Schönheit und Verfall bewusst zu werden. Dabei hinterfrage ich die Auswirkungen des Kapitalismus. Der Tanz wird so zu einer physischen Reflexion über das Werden und Vergehen im Kontext einer von kapitalistischen Interessen geprägten Welt.“ (Robozze) Christian Zacharas alias Robozee ist eine prägende Figur der Tanz- und Improvisationsszene. Er ist eine feste Größe in der deutschen Hip-Hop- und Popping-Szene und trägt maßgeblich zur Weiterentwicklung dieser Kunstform bei. Choreographie: Robozee Bühne und Kostüme: Nuphar Barkol Sounddesign: Randomhype Licht: Stefanie Dühr Video: Nuphar Barkol Dramaturgie: Lars Gunnar Anderstam, Thorsten Teubl
Aufführungen
| Musiktheater
St. Elisabeth Kirche Berlin:
St. Elisabeth Kirche Berlin:
Fleisch & Geist
Kasseler Musiktage
Musiktheater zwischen Andacht und Begehren. Anlässlich des 350. Todestages von Heinrich Schütz widmen sich NICO AND THE NAVIGATORS dem Werk des frühbarocken Komponisten. Zwischen Seiten und Zeiten Die ideale Bibliothek ist unendlich: Sie versammelt alle denkbaren Kombinationen jener Zeichen, mit denen sich Menschen verständigen – also jede mögliche Mitteilung in gebräuchlichen, vergessenen oder bislang unerhörten Sprachen, die vollständige Kollektion der Liebesbriefe und Hassbotschaften, Kriegserklärungen und Friedensverträge, Dramen, Enzyklopädien, Epen, Essays, Gedichte und Romane der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft … und vor allem Unleserliches, Unbrauchbares, Undenkbares. Es gleicht einem ungeheuren Zufall, in einem der Bücher einen sinnvollen Satz, geschweige denn ein lesbares Kapitel zu entdecken. Und doch ist das alles irgendwo vorhanden – sogar der Katalog, der sämtliche Bände der Bücherei in richtiger Reihenfolge verzeichnet. Und der wissenschaftliche Nachweis, dass dieses Register eine Fälschung ist. Und so weiter … Irgendwo in den zahllosen Regalen, zwischen der Bibel und der kompletten Passwort-Sammlung für alle Atomwaffen dieser Welt, müsste auch das Libretto von „Fleisch und Geist“ zu finden sein – zumindest in der „Bibliothek von Babel“, wie sie der Dichter Jorge Luis Borges 1941 beschrieben hat. Die Quellen, die der Inszenierung von NICO AND THE NAVIGATORS zu Grunde liegen, sind von eifrigen Lesern jedenfalls bereits vor langer Zeit gefunden worden – Texte aus dem Neuen Testament, die sich mit der Unvereinbarkeit von Fleisch und Geist als Konstanten des menschlichen Daseins beschäftigen: „Denn das Fleisch gelüstet gegen den Geist und der Geist gegen das Fleisch; und diese widerstreben einander“, heißt es im Galaterbrief des Apostels Paulus. Und im Evangelium des Johannes findet sich ein eindeutiges Urteil: „Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt gar nichts.“ Wenn man mit unvorstellbarem Glück jene Sammlung entdeckt hat, die vor langer Zeit von findigen Bibliothekaren zusammengetragen wurde (oder schon immer in einem der Regale gestanden hat?), versteht man auch die daraus gewonnenen Stücke in der Musikalien-Abteilung besser – etwa das „Anima mea liquefacta est“, das im Werkverzeichnis des Komponisten Heinrich Schütz (Welches Regal? Welches Fach?) unter der Nummer 236 zu finden ist, oder das „Magnificat anima mea Dominum“ mit der Ziffer 468. Die Texte aus dem Hohelied Salomo und aus dem Lukasevangelium scheinen in erotischer und religiöser Ekstase kaum zwischen zwei Buchdeckeln vereinbar. Und doch sind das Erhebende, Himmlische des Geistes und das Zerfließende, Irdische des Fleisches zwei Seiten derselben, menschlichen Prägung. Dass man diese Dialektik nur dann erkennen kann, wenn man die passenden theologischen Kommentare – und in unseren geistfernen Zeiten zudem ein brauchbares Wörterbuch – griffbereit hat, versteht sich von selbst. Aber vielleicht fragt man ja auch einfach einen jener Wanderer, die man im Labyrinth der Bücher zufällig trifft – einen Eiferer, der zur Vernichtung des unnützen Wissens aufruft. Einen Märtyrer, der unter der Last seiner gesammelten Schätze zusammenbricht. Einen Liebenden, der mit fremden Worten für die Unerreichbare schwärmt. Oder einen Zweifler, der wider besseres Wissen auf Erkenntnis hofft …Im Werkverzeichnis des Berliner Musiktheater-Ensembles um die Regisseurin Nicola Hümpel und den Szenografen Oliver Proske kommt „Fleisch und Geist“ eine besondere Stellung zu: Nach mehreren Projekten, in denen die Navigators akribisch die digitalen Möglichkeiten einer von Objektiven fokussierten oder durch Brillen erweiterten Wirklichkeit untersuchten, begegnen sie dem Jubilar Heinrich Schütz und seinen Zeitgenossen nun wieder in einem ausschließlich analogen Raum. Statt programmierbarer Kameras und Augmented-Reality-Apparaten gibt es Bücherstapel und Bilder – und Trouvaillen aus jenen Winkeln der Bibliothek, in denen eine universale Sprache ohne Worte hinterlegt ist. Dass dieser konsequente Schritt zurück nach vorn beglückende Energien und Phantasien freisetzt, hat sich auf dem Weg zum Stück immer wieder gezeigt: Da werden barocke Halskrausen zur würgenden Garrotte oder zum neckischen Tutu, da wecken kleine Wickelpuppen Erinnerungen an die Seelenkinder aus Klöstern oder an die Legende des heiligen Christophorus, da entpuppen sich horizontal geschichtete Stufen als himmelwärts weisende Kirchturmspitzen oder Kanzeln mit sündhafter Kehrseite … und jede spielerische Zweckentfremdung des Bühnenbildes stiftet überraschend neuen Sinn. In einer Gegenwart, die sich selbst in Nullen und Einsen zerlegt, um den Beschränkungen der Endlichkeit zu entkommen, geht „Fleisch und Geist“ auf die Suche nach eben diesen Grenzen – und findet bei Alten Meistern neue Anlässe für Andacht und Begehren. Dabei wandelt das Ensemble auf einem schmalen Grat zwischen Frömmigkeit und Blasphemie: Der gleiche Wein, der sich im Abendmahl zum Blut des Erlösers wandelt, kann in der Orgie zu berauschter Enthemmung führen. „Hütet euch“, mahnt Schütz mit Worten aus dem Lukasevangelium, „dass eure Herzen nicht beschweret werden mit Fressen und Saufen.“ In Maßen aber sei der Genuss gestattet, wie es in den „Symphoniae Sacrae“ heißt: „Iss dein Brot mit Freuden und trinke deinen Wein mit gutem Muth.“ Dass die Quelle für dieses Gebot das alttestamentliche Buch Prediger – und dessen Autor derselbe König Salomo ist, der mit seinem Hohelied für die freizügigsten Passagen der Bibel verantwortlich zeichnet, beglaubigt das Prinzip der Collage: Auch bei Schütz finden sich salomonische Texte wie das „Nachdem ich lag in meinem öden Bette“, das weniger von existenzieller Sinnsuche als vielmehr von körperlichem Begehren erzählt. Selbst die Taube, die in „Veni de Libano“ von den Bergen herabsteigen soll, hat mit dem gefiederten Sinnbild des Heiligen Geistes nichts gemein. Sie ist vielmehr die Freundin, deren Schönheit und Unschuld den Flehenden bezaubert. Dass die Zerstörung der Bücher, das Verwehen der Fetzen von Glauben und Wissen nicht allein die Lebenszeit des „Sagittarius“ im Dreißigjährigen Krieg meinen kann, darf man auch angesichts der Vergegenwärtigung seiner Musik voraussetzen. Ein Trost aber bleibt: In der „Bibliothek von Babel“ und in den unendlichen Weiten der binären Codes sind selbstverständlich auch jene Kopien vorhanden, die schlimmstenfalls ein Komma von den verlorenen Schätzen abweichen … (Andreas Hillger, Dramaturgie) Nicola Hümpel, Künstlerische Leitung Elfa Run Kristinsdottir, Musikalische Leitung Oliver Proske, Bühne, Technische Leitung Andreas Hillger, Dramaturgie André Morsch, WA Bariton Peyee Chen, WA Sopran Ekaterina Bazhanova, Mezzosopran Daniela Vega, Mezzosopran Martin Buczko, Tanz, Choreografie Yui Kawaguchi, Tanz, Choreografie Florian Graul, Tanz, Choreografie Kerstin Fahr WA, Blockflöte, Barockvioline Anna Fusek, Blockflöte, Barockvioline Elfa Run Kristinsdottir, Barockvioline Daniel Seminara, Gitarren, Laute Alon Portal, Gambe, Violone Philipp Kullen, Percussions, Synthesizer Nicola Hümpel, Kostüme Marie Akoury, Kostüme David Winter, Licht Sebastian Reuter, Ton Leroy Nikolas von Bergen, Licht Wolke Mišewitch, Künstlerische Mitarbeit Tobias Mertke, Künstlerische Mitarbeit Sonja Winkler, Bühnenbildassistenz Meret Zürcher, Kostümassistenz Franziska Katharina Huhn, Produktion Talea Nuxoll, Produktion Leonie Schirra, Produktion
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The Tempest
Opernhaus
Libretto von Meredith Oaks nach William Shakespeares gleichnamiger Komödie von 1611 Der Stoff, aus dem (Alb-)Träume sind: Ein heftiger Sturm fegt über das Meer, „Hell is empty, all the devils here“, schreit eine Schiffsbesatzung im Kampf gegen das Ertrinken. Doch schnell offenbart sich, dass in dem wohl jüngsten Repertoireklassiker der Operngeschichte andere Mächte im Spiel sind. Der Mailänder Thronfolger Prospero wurde von seinem machthungrigen Bruder Antonio gestürzt und musste sich gemeinsam mit seiner Tochter Miranda auf eine abgelegene Insel retten. Er meisterte die Kräfte dunkler Magie und brachte nicht nur den Luftgeist Ariel unter seine Macht, sondern unterjochte auch den dort scheinbar rechtmäßigen Herrscher Caliban. Es war Ariels Sturm, der das Schiff Antonios mit seiner Gefolgschaft zerstörte, sodass diese auf Prosperos Insel stranden. In einem chaotischen Spiel von Intrigen und verdrehten Hierarchien verfolgt der Magier seinen Racheplan, während sich Miranda ausgerechnet in den Königssohn Ferdinand verliebt. Meredith Oaks Nachdichtung von Shakespeares Komödie übersetzt The Tempest in eine modern-bodenständige, aber ebenso reichhaltige Sprache. Die Oper von Thomas Adès, deren moderne Klangsprache die Basis der traditionellen Harmonik nie ganz verlässt, multipliziert das Spiel um Macht und Herrschaft mit großem Orchester, üppigem Schlagwerk, Chor und Solopartien, die an die äußersten Grenzen des menschlich Möglichen gehen: So stechen Ariels extrem hohe Sopran-Koloraturen hervor, während sich in der sinnlichen Liebe von Miranda und Ferdinand und Prosperos knallhartem Machtkampf höchste Emotionen entfalten. Seit der Londoner Uraufführung 2004 ist The Tempest schon jetzt ein Klassiker des Opernrepertoires mit erfolgreichen Inszenierungen in Frankfurt, Amsterdam, Wien und New York. In Kassel führt der fesselnde Stoff nach Otello und Die Hamletmaschine die intensive Beschäftigung mit Shakespeare-Adaptionen im Musiktheater fort. Die Regisseurin Julia Lwowski vom Kollektiv Hauen und Stechen wird das stürmische Spiel von Macht und Untergang in die Kasseler Raumbühne ANTIPOLIS bringen und die zwingende Aktualität des vierhundert Jahre alten Geflechts aus Überirdischem und allzu Menschlichem im zeitgenössischen Musikgewand exponieren: Oh schöne neue Welt! Musikalische Leitung: Marco Comin Regie: Julia Lwowski Bühne: Mirella Oestreicher Kostüme: Mirella Oestreicher Dramaturgie: Felix Linsmeier Video: Martin Mallon Chorleitung: Marco Zeiser Celesti Cam-Operator: Martin Mallon Cam-Operator: Fritz Eggenwirth, Victoria Koberstein
Aufführungen
| Schauspiel
Tango
Schauspielhaus
Deutsch von Christa Vogel und Ludwig Zimmerer Koproduktion mit dem RambaZamba Theater, Berlin Die guten alten Zeiten, wer sehnt sich danach nicht? Tangotanzen zum Beispiel, das war doch mal ein Skandal, feurig, zügellos, leidenschaftlich und revolutionär. Doch heutzutage gibt es einfach keine Tabus mehr: Alles ist erlaubt, aber nichts funktioniert. So das Weltbild des Medizinstudenten Artur, der mit dem Zustand der Welt hadert, wobei ihm vor allem seine eigene verkommene Chaosfamilie auf die Nerven geht, weil diese alle moralischen Maßstäbe außer Kraft gesetzt hat. Anarchie und absolute Freiheit gelten als Lebensprinzip: Seine Mutter schläft mit dem undurchsichtigen Hausfreund Edek, während der Vater seine Zeit mit idiotischen Theater-Experimenten vertrödelt und die Großmutter nur noch an Schnaps und Kartenspielen denkt. Da hilft für Artur nur eins: Verbindliche Werte schaffen, die Rückkehr zur Norm ist angesagt, der ganze liberale Schnickschnack gehört verboten. Schließlich ruft er seinen Vater zur Waffengewalt gegen Edek auf, die Diktatur zeigt ihre hässliche Fratze und als zunehmend die Dinge aus dem Ruder laufen, bleibt nur noch der Tango … Der polnische Dramatiker Sławomir Mrożek, geboren 1930, gilt als einer der wichtigsten Vertreter des absurden Theaters. Mit Tango landete er einen Welterfolg, der dem Stück den Ruf eines „modernen Hamlet“ einbrachte. Seine ebenso hintergründige wie unterhaltsame Gesellschaftssatire wurde 1965 in Belgrad uraufgeführt. Tom Kühnel, dessen Hebamme von Rolf Hochhuth auf Grund der erfolgreichen Melange aus Politsatire und Showelementen weiterhin im Schauspielhaus zu sehen sein wird, wagt sich nun an dieses grotesk-satirische Stück. Zusammen mit dem RambaZamba Theater Berlin, einem der bedeutendsten inklusiven Theater Deutschlands, werden erstmals in Kassel Menschen mit Behinderung gemeinsam mit dem Schauspielensemble gesellschaftliche Missstände und politische Unterdrückung auf der Schauspielhausbühne verhandeln. Regie: Tom Kühnel Bühne: Bettina Meyer Kostüme: Ulrike Gutbrod Musik: Stefan Leibold Licht: Oskar Bosman Dramaturgie: Patricia Nickel-Dönicke
Aufführungen
| Schauspiel
Sechzehn Wörter
Schauspielhaus
Sechzehn Wörter nimmt uns mit auf die Reise von Mona, einer jungen Journalistin, die sich ausgelöst durch den Verlust ihrer Großmutter in einer Identitätskrise wiederfindet und deswegen in den Iran reist. Diese Reise, die von den vertrauten Straßen Deutschlands bis in das Herz des Iran reicht, ist nicht nur ein Abschied, sondern es ist auch eine Feier des Lebens und flirrende Selbstreflexion. Es ist eine Odyssee der Selbstfindung, kunstvoll in sechzehn Kapiteln dargestellt, jedes mit einem einzigen persischen Wort betitelt, welches die Essenz der Geschichte einfängt und nicht übersetzbar ist. Ein Schlüsselmoment ist Monas ungeplanter Ausflug mit ihrem Geliebten nach Bam, eine durch ein Erdbeben zerstörte Stadt. Hier, inmitten der Trümmer, wird sie mit den Bruchstücken ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert. Dabei kommen ihre Fluchtgeschichte nach Deutschland, die Beziehung zu ihrer Mutter und Großmutter und damit einhergehend all die ungelösten Fragen und unausgesprochenen Wahrheiten dieser Familiengeschichte ans Licht. Nava Ebrahimi wurde 1978 in Teheran geboren. 2021 erhielt sie für den Text Der Cousin den Ingeborg-Bachmann-Preis, auch ihr Debüt Sechzehn Wörter wurde mehrfach ausgezeichnet. Dariusch Yazdkhasti, hat bereits 2022 in Kassel Kristof Magnussons Ein Mann der Kunst inszeniert. Bei Sechzehn Wörter liegt ihm vor allem die multiperspektivische Dimension von Mona am Herzen, so wird ihr selbst auf der Reise klar: „Man sollte besser in der Heimat bleiben und essen, was die Vorfahren aßen. Für Wanderschaft zahlt man einen hohen Preis. Mehr als das, was gefälschte Pässe und Fluchthelfer kosten.“ Sechzehn Wörter wird thematisch von der seit 2022 bestehende Reihe des Schauspiels Woman – Life – Freedom flankiert, die regelmäßig einen neuen Fokus auf die Freiheitskämpfe im Iran richtet. Regie: Dariusch Yazdkhasti Bühne und Kostüme: Julia Hattstein Licht: Stefanie Dühr Dramaturgie: Alexander Olbrich Video: Navid Razavi
Aufführungen
| Schauspiel