„Wer nicht fragt, bleibt dumm!“, stellt die Sesamstraße seit Jahrzehnten fest. Fragen beflügeln, Fragen verführen, Fragen überraschen, Fragen verändern. In diesem Jahr machen die Kasseler Musiktage das Fragen selbst zu der Frage, die seit 2016 das Festival jeweils als Motto begleitet. Wo Menschen zusammenkommen, um zu musizieren und Musik zu erleben, entstehen Fragen, kleine und große, einfache und komplexe. Fragen, die durch Impulse von anderen auftauchen.
Mit Simon Höfele, Vanessa Porter, Staatsorchester Kassel, Francesco Angelico, Nico and the Navigators, Quatuor Diotima, Studio Lev Kassel, Kaan Bulak, DieOrdnungDerDinge, Kammerorchester Louis Spohr u. a.
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Bewertungen & Berichte Kasseler Musiktage
Konzert
Eröffnungskonzert
Ines Schüttengruber, Orgel
Staatsorchester Kassel
Francesco Angelico, Leitung
Zum Festivalauftakt verbindet sich die mittlerweile weltberühmte Orgel der Martinskirche mit den Klängen des Staatsorchester Kassel, geleitet von Chefdirigent Francesco Angelico. Die berühmteste Symbiose von Orgel und Orchester stammt aus Frankreich und erklang zum ersten Mal 1986 in London: In Camille Saint-Saëns’ dritter Symphonie verschmelzen die Farben aller Instrumente zu einem überwältigenden Klangrausch. Der Komponist war sich bewusst, eine außergewöhnliche Symphonie geschrieben zu haben: »Hier habe ich alles gegeben, was ich geben konnte […] so etwas wie dieses Werk werde ich nie wieder schreiben.«
Wie häufig auch Franz Liszt, der Widmungsträger des Werks, entwickelte Saint-Saëns die Musik aus einer musikalischen Keimzelle, nämlich der mittelalterlichen Dies irae-Sequenz, die in immer neuen Varianten die Symphonie durchzieht. An der Orgel in dieser einzigartigen Symphonie ist Ines Schüttengruber zu erleben, die 2021 zur Eröffnung der Kasseler Musiktage mit der Aufführung von Francis Poulencs Orgelkonzert begeisterte.
Eingeleitet wird das Konzert mit bewegenden und tröstenden Klängen aus Wolfgang Amadeus Mozarts Maurerischer Trauermusik, einer der dichtesten Kompositionen des Salzburger Komponisten. Als Trauermusik lässt sich auch Ferruccio Busonis Berceuse élégiaque bezeichnen, die den Untertitel »Des Mannes Wiegenlied am Sarge seiner Mutter« trägt. Von keinem Geringeren als Gustav Mahler, der selbst kurz darauf starb, in New York zur Uraufführung gebracht, ist das harmonisch verschleierte Werk des italienischen Klaviervirtuosen und Komponisten eine Verarbeitung des Todes beider Elternteile innerhalb kürzester Zeit, wofür er eine tröstende und farbenreich instrumentierte Musik erfand.
Nico and the Navigators
Nicola Hümpel, Künstlerische Leitung, Regie
Andreas Hillger, Dramaturgie
Herdís Anna Jónasdóttir, Sopran
Annedore Kleist, Darstellerin
Elfa Rún Kristinsdóttir, Violine
Spoken Word Performance zum 100. Todestag von Franz Kafka
György Kurtág (*1926): Kafka-Fragmente op. 24
Franz Kafka (1883–1924): Brief an den Vater
György Kurtágs Kafka-Fragmente erheben das Bruchstückhafte, Unvollendete, das dem Werk des 1924 verstorbenen Dichters Franz Kafka eingeschrieben ist, zum gestalterischen Prinzip: In Miniaturen für Violine und Sopran zitiert der Komponist Satz- und Gedankenfetzen und formt so einen Bewusstseinsstrom, der mit seinen Strudeln und Untiefen unter der Oberfläche auch die Hörenden fasziniert und bedroht: »Es gibt kein Haben, nur ein Sein, nur ein nach letztem Atem, nach Ersticken verlangendes Sein.«
Zum 100. Todestag des Autors in diesem Jahr verknüpfen Nico and the Navigators, die 2022 mit dem szenischen Projekt Fleisch & Geist zum 350. Todestag von Heinrich Schütz in Kassel begeisterten, die Fragmente mit einem großen, abgeschlossenen Text, der die Hörenden ebenfalls unmittelbar berührt. Kafkas Brief an den Vater, diese quälende und erhellende Reflexion über die Ursache des eigenen Denkens und Schreibens, wurde nie an den Empfänger abgesandt. Und doch ist darin immer der übergroße, dominante Adressat gemeint: »Mein Schreiben handelt von Dir, ich klagte dort ja nur, was ich an Deiner Brust nicht klagen konnte.« In Kombination mit den Fragmenten, die der 1926 geborene Kurtág zu einem Mosaik zusammengefügt hat, ergibt sich daraus eine existenzielle, über die Person des Verfassers hinausweisende Selbstbefragung. Der Brief an den Vater kann auch als erschütterndes Dokument einer »Letzten Generation« gelesen werden – eines Sohnes, der selbst keine Nachkommen hinterlassen und testamentarisch die Vernichtung seines Lebenswerks verfügt hat.
Dass diesem Wunsch nicht entsprochen wurde und dass auch die Abrechnung mit dem eigenen Erzeuger posthum erschienen ist, erlaubt nun eine Inszenierung aus Musik, Gesang und Sprache. Die beiden Musikerinnen haben das Publikum bei den Kasseler Musiktagen bereits zuvor in ihren Bann gezogen: die Sopranistin Herdís Anna Jónasdóttir 2018 bei Hygge in der documenta-Halle, Elfa Rún Kristinsdóttir mit ihrem virtuosen Geigenspiel bei Fleisch & Geist.
Werke von
André Jolivet (1905–1974)
Brett Dean (*1961)
Miroslav Srnka (*1975)
Georges Aperghis (*1945)
Mit vermeintlich lauten Instrumenten auch leise Klänge zu erzeugen: Diese Liebe teilen der Trompeter Simon Höfele und die Perkussionistin Vanessa Porter. Beide waren in den vergangenen Jahren als »Rising Stars« der European Concert Hall Organisation u. a. in der Elbphilharmonie zu erleben. In einem Programm, das die beiden in ihrer ersten Zusammenarbeit eigens für die Kasseler Musiktage entwickeln, ermuntern sie das Publikum, neben dem zu erwartenden virtuosen Klangfeuerwerk auch mal genau hinzuhören und hinzuschauen. Zeitgenössische Werke verschiedener Komponisten stehen dabei auf dem Programm, die die Künstler*innen an ihre Grenzen führen. Darunter fällt auch André Jolivets Heptade für Trompete und Perkussion, welches schon auf der Debüt-CD des international gefeierten Simon Höfele erklingt. Milky Way des tschechischen Komponisten Miroslav Srnka war sogar ein Auftragswerk, das er für Höfele schrieb. Für Musikschaffende, für die es kaum klassisches Repertoire gibt, ist die enge Kooperation mit Komponist*innen sowieso unabdingbar – und äußert spannend. Auch die international gefragte Vanessa Porter begibt sich gern auf die Abenteuerreise, neue Musik zu entdecken. In ihrer Zusammenarbeit mit dem griechisch-französischen Georges Aperghis entstanden Stücke für Schlagwerk und Stimme, die, ihr auf den Leib geschrieben, einem Musiktheater nahekommen. Von der Großen Trommel bis zur Küchenfliese funktioniert sie auch Objekte als Schlaginstrumente um, denen man Klänge entlocken kann. In der Musik des Australiers Brett Dean sind Alltagsgegenstände sogar gefordert, um Klangflächen von laut bis unhörbar zu kreieren. Beide Künstler*innen, die in diesem Jahr bei den Kasseler Musiktagen jeweils in mehreren Veranstaltungen zu erleben sind, treffen sich im Bestreben, ganz achtsam zu lauschen, wie etwas klingt und damit das Publikum zu berühren.
Anton Bruckner (1824–1896): Streichquartett c-Moll WAB 111
Lisa Streich (*1985): Sternenstill für Streichquartett
Alban Berg (1885–1935): Lyrische Suite
Das Quatuor Diotima kehrt nach Kassel zurück! Nachdem das französische Streichquartett zuletzt 2019 mit virtuosen Höchstleistungen begeisterte, spielt es nun im Hallenbad Ost drei Werke, die Fragen aufwerfen. Obwohl erst mit 38 Jahren komponiert, gehört Anton Bruckners Streichquartett zu seinen ersten Kammermusikwerken überhaupt. Er schrieb es als Studienarbeit, quasi jugendfrisch. Vielleicht lässt es mit seinen gewaltigen inneren Spannungsbögen bereits den Bruckner-Ton erahnen, den wir heute aus seinen Symphonien kennen?
Im gleichen Alter ist heute die schwedische Komponistin Lisa Streich. Ihr Quartett Sternenstill schrieb sie während der Pandemie, als sie – wie viele von uns – plötzlich Zeit hatte. Zeit, innezuhalten und wahrzunehmen, was um sie herum geschieht. Und Fragen zu stellen, zum Beispiel, warum Schmetterlinge ihre Flügel plötzlich sehr langsam bewegen, wenn sie sich hinsetzen? Eine Choreographie dieser Wahrnehmungen setzte sie eigens für das Quatuor Diotima in Klänge.
Als »latente Oper« bezeichnete Theodor W. Adorno Alban Bergs Lyrische Suite, evoziert durch die Intensität der Emotionen und die Geschichte dahinter: Wie hören wir Bergs Musik, wenn wir darin eine geheime Liebesbotschaft vermuten? Denn die Suite soll Ausdruck einer tiefen, unerfüllten Liebe Bergs zu Franz Werfels Schwester Hanna Fuchs sein, verborgen unter dem Deckmantel der Zwölftonmusik, in die Berg seine und ihre Initialen A-B-H-F gemischt hat …
Studio Lev Cho:r
In Kooperation mit dem Studio Lev Kassel e. V.
Welche Stimmen lassen sich heutzutage dem Werk Caspar David Friedrichs entlocken? Wie verhält sich der Mensch zur Natur, wie nehmen wir die dargestellten Landschaften wahr, wenn sie zu verschwinden drohen? 250 Jahre nach der Geburt dieses bedeutenden Malers werden seine Bilder zum Ausgangspunkt für einen musikalischen Abend. Die Spannungsfelder, die Friedrichs Bilder erzeugen, werden von den jungen Sänger*innen des Studio Lev Cho:rs mit schwebenden und schwingenden Klängen von überwiegend zeitgenössischen Komponist*innen besonders aus dem anglo-amerikanischen Raum weitergetragen. Sie werden begleitet und ergänzt von der Perkussionistin Vanessa Porter, die wenige Tage zuvor gemeinsam mit dem Trompeter Simon Höfele im Hallenbad Ost zu erleben ist. Bereits mehrere Wochen vor der Aufführung treten Vanessa Porter und die Mitwirkenden des Studio Lev in einen inspirierenden Austausch.
Zum zweiten Mal nach der begeistert aufgenommenen Vorstellung von Beating Hearts im vergangenen Jahr entwickeln die Kasseler Musiktage ein gemeinsames Projekt mit dem Studio Lev Kassel, wo junge Erwachsene seit 2009 musikalische Bühnenprojekte erarbeiten und aufführen. Konzipiert und musikalisch geleitet wird diese besondere Zusammenarbeit erneut von Krystian Köhn, der mit seinem Team nicht nur die inhaltlichen Stoffe von Friedrichs Kunst, sondern auch das Material Kunststoff und seine gesellschaftspolitischen Dimensionen thematisiert.
DieOrdnungDerDinge
Vera Kardos, Violine, Performance
Cathrin Romeis, Violoncello, Performance
Iñigo Giner Miranda, Klavier, Komposition, Performance
Franziska Seeberg, Dramaturgie
Angela Ribera, Ausstattung
Daniela del Pomar, Video
Eine Musik-Theater-Collage über den Vogelzug mit Musik von Clément de Jannequin, Antonio Vivaldi u. a.
Für Menschen ab 10 Jahren
Auf ihren Reisen über Kontinente hinweg vollenden Zugvögel wahre Odysseen. In erstaunlichen Formationen legen sie tausende Kilometer zurück, trotzen Stürmen, überwinden Gebirge und Phasen der Erschöpfung. Doch wie finden sie gemeinsam ihren Weg? Woher wissen sie, in welche Richtung sie fliegen müssen? Diese und andere Fragen stehen am Anfang einer circa einstündigen Musik-Theater-Collage über ein faszinierendes, alljährlich wiederkehrendes Phänomen: den Vogelzug. Das Ensemble DieOrdnungDerDinge erblickt am Theaterhimmel die Flugrouten zahlreicher Zugvögel und beschäftigt sich mit den Fähigkeiten, die man zu Lande, zu Wasser und in der Luft braucht, um in fernen Ländern anzukommen.
In Weltenwandern greifen die drei Darsteller*innen den Klang des Zwitscherns und Krächzens auf und machen mit den Vögeln Rast auf ihren unglaublichen Wegen in die Ferne. Sie werfen einen Blick auf die Migrationslinien ihrer eigenen Familien und begeben sich zurück auf die Spuren von Kranich, Nachtigall, Gans und Kuckuck: Das Ensemble entdeckt den sechsten Sinn der Vögel, bestaunt ihre Anatomie und lässt sich von ihren Flugkünsten begeistern. Es entsteht eine Komposition aus barocken und zeitgenössischen Vogelklängen, Bildern und Geschichten über das beständige Wandern, das Mensch und Vogel zu verbinden scheint.
Im akustischen Zentrum der Ensemblearbeit steht die intensive Beschäftigung mit der Klangwelt von Flug- und Luftbewegungen, Vogelstimmen und -sprache sowie die experimentelle Auseinandersetzung mit alter und neuer Musik. Weltenwandern vollzieht die globalen Bewegungen der Vögel musikalisch-performativ nach und nimmt damit bewusst, aber spielerisch auch Bezug auf menschliche Migrationsbewegungen.
Teile der Collage wurden zuvor in einem Workshop mit Schüler*innen erarbeitet, dessen künstlerisches Ergebnis in die Aufführung einfließen wird.
Simon Höfele, Trompete
Kaan Bulak, Klavier, Elektronik
Werke von
Kaan Bulak (*1991)
Giacinto Scelsi (1905–1988)
Tōru Takemitsu (1930–1996)
Bei einer Jam-Session und einer Tasse Kaffee entstand die Idee für das gemeinsame Album No Clouds in Haraz des Komponisten, Pianisten und Elektronik-Künstlers Kaan Bulak und des Trompeters Simon Höfele. Auf dem Album ist die Kaffeemühle sogar zu hören – ob sie auch im Hallenbad Ost erklingt?
So ungezwungen, als wäre das Publikum Teil dieser Jam-Session, präsentieren die beiden Künstler ihre klanggewaltige musikalische Reise auf der Bühne, in einem Programm mit eigenen Werken, umrahmt von Ausflügen zu Komponisten wie Giacinto Scelsi und Tōru Takemitsu. Das Konzertprogramm ist ein expressives Erlebnis zwischen geographischen und instrumentalen Grenzen, das Einflüsse aus dem Nahen Osten und zeitgenössischer Musik mit der elektronischen Klangsprache Berlins verschmelzen lässt. Auf der Bühne werden Trompete und Flügel elektronisch erweitert und in einer einzigartigen Klangdimension mit einem elektronischen Fundament präsentiert. Der Titel bezieht sich auf das Haraz-Gebirge im Jemen – Ausgangspunkt einer musikalischen Odyssee und Hommage an die Ferne in einer »musikalischen Fusion, die nicht nur die Seele fesselt, sondern auch ein lebendiges Bild der sich entwickelnden Natur unserer vernetzten Welt zeichnet.« (Label Neue Meister) Die beiden Musiker erfüllen die besondere Atmosphäre im Hallenbad Ost mit ihren betörenden, wundersamen Klängen, die sich mit allen Sinnen erleben lassen.
Marco Comin, Musikalische Leitung
Margrethe Fredheim, Sopran
Ilseyar Khayrullova, Mezzosopran
Aleksei Kursanov, Tenor
Don Lee, Bass
TANZ_KASSEL
Staatsorchester Kassel
Opernchor des Staatstheaters Kassel
Antonio Ruz, Choreographie
Markus Meyer, Bühne und Kostüme
Randomhype, Sounddesign
Jürgen Kolb, Licht
Thorsten Teubl, Lars Gunnar Anderstam, Dramaturgie
Marco Zeiser Celesti, Chor
Tanz-Uraufführung von Antonio Ruz
Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791): Requiem d-Moll KV 626, vervollständigt von Michael Ostrzyga
Heinrich Schütz (1585–1672): Selig sind die Toten aus Geistliche Chor-Music 1648 SWV 391
Das Requiem ist Wolfgang Amadeus Mozarts geheimnisvollstes Werk, das von einem ominösen grauen Boten in Auftrag gegeben wurde. Dieser entpuppt sich später als Diener des Grafen Franz von Walsegg, der ein seltsames Hobby pflegte und bei bekannten Komponisten Werke bestellte, um sie später als eigene aufzuführen. Mozart fühlt sich als Komponist seiner eigenen Totenmesse und stirbt über der Arbeit am unvollendeten Werk. Noch auf dem Sterbebett gibt er Anweisungen, wie das Werk zu vollenden sei.
Mozarts Requiem beschwört mit großer Ausdruckskraft die emotionalen Augenblicke und Abgründe des menschlichen Seins im Angesicht des Todes herauf. Es beschreibt einen Schauplatz von Grenzzuständen, Warteraum und Durchgangsort zu einer anderen Welt. Dieser Ort mag kein Sehnsuchtsort sein, dennoch stellt Mozart hier musikalisch Fragen an das Leben, an die Humanität, an die Zärtlichkeit und Fragilität von Liebe und Beziehungen und an die Zerbrechlichkeit von Gesellschaften. Seine Musik offenbart sich als Apell zum Leben. Der Choreograph Antonio Ruz greift dies auf und ermutigt in seiner Choreographie dazu, sich im Leben bereits auf den Tod einzulassen, ihm ins Auge zu schauen, um das Leben annehmen zu können. Nachdem er selbst im vergangenen Jahr den Verlust eines geliebten Menschen erfahren hatte, beschreibt er die unendlichen Emotionen, die mit dem Tod eines Menschen verbunden sein können: Gesten, Blicke, Umarmungen, Angst und Empathie, Einsamkeit und Ablehnung, Leere, Wut und Schmerz. All dies in Bewegung zu übersetzen, ist sein Anliegen: »Der Tanz ist dabei ein kraftvolles Kommunikationsmittel, das kulturelle, ethnische, religiöse und politische Barrieren überwindet und eine spirituelle Dimension eröffnet«.
Simon Höfele, Trompete
Kammerorchester Louis Spohr
Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791): Adagio und Fuge c-Moll KV 546
Giya Kancheli (1935–2019): Night Prayers; für Trompete, Streichorchester und Zuspielband
Grażyna Bacewicz (1909–1969): Konzert für Streichorchester
Johann Nepomuk Hummel (1778–1837): Konzert für Trompete und Orchester E-Dur
Und zum Schluss noch einmal Mozart: Dessen Adagio und Fuge in c-Moll für Streichorchester leitet den Abschluss des letzten Festivalkonzerts ein, in dem ein weiterer Klassiker im Mittelpunkt steht. Das virtuose Trompetenkonzert von Johann Nepomuk Hummel ist eins der herausragenden Werke für Trompete und Orchester, womit einer der bedeutendsten Interpreten unserer Zeit, Simon Höfele, seine Residenz bei den Kasseler Musiktagen krönt. Der Mozart-Schüler Hummel schrieb es 1803 für den Wiener Hoftrompeter Anton Weidinger, der mit seiner selbst konzipierten Klappentrompete erstmals das gesamte Tonspektrum auf der Trompete abdecken konnte. Eine erstaunliche Innovation, der viele Kompositionen folgten.
Mit einem zweiten Werk zeigt Simon Höfele seine stilistische Vielfalt: In Giya Kanchelis Kompositionen sind die Klänge seiner Heimat Georgien stets präsent. Seine Musik soll »den Eindruck von Schönheit und Ewigkeit vermitteln«, wobei er sich besonders mit der Stille auseinandersetzt, wie in den Night Prayers zu hören ist. In der Fassung für Trompete von Reinhold Friedrich spielt Höfele mit dem Kammerorchester Louis Spohr, das beim Festival zuletzt 2016 zu erleben war. Außerdem erklingt das Werk einer bedeutenden Vertreterin der polnischen Moderne: Grażyna Bacewicz war ein Multitalent – gefeiert als Komponistin, Geigerin und Schriftstellerin. Ihr Stil ist eigen, die Musik kommt schnell auf den Punkt: »Ich habe nämlich einen kleinen, unsichtbaren Motor, dank dessen ich in zehn Minuten mache, wofür andere eine Stunde brauchen, […] sogar mein Puls geht schneller als bei anderen, und ich wurde schon im siebenten Monat geboren.«
„Wer nicht fragt, bleibt dumm!“, stellt die Sesamstraße seit Jahrzehnten fest. Fragen beflügeln, Fragen verführen, Fragen überraschen, Fragen verändern. In diesem Jahr machen die Kasseler Musiktage das Fragen selbst zu der Frage, die seit 2016 das Festival jeweils als Motto begleitet. Wo Menschen zusammenkommen, um zu musizieren und Musik zu erleben, entstehen Fragen, kleine und große, einfache und komplexe. Fragen, die durch Impulse von anderen auftauchen.
Mit Simon Höfele, Vanessa Porter, Staatsorchester Kassel, Francesco Angelico, Nico and the Navigators, Quatuor Diotima, Studio Lev Kassel, Kaan Bulak, DieOrdnungDerDinge, Kammerorchester Louis Spohr u. a.
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